Kurze Chronik des Unternehmens

geschrieben am: 09.03.2018 von: amw_admin in Kategorie(n): Laden

2000 – Das Antiquariat Wagner wird am 01.04. beim Wirtschaftsamt in Berlin-Friedrichshain angemeldet. Haupterwerbsziel ist ‚An- und Verkauf von Büchern via Internet‘, Sitz des Versandantiquariats ist die heimische Wohnung – das Wort Wohnzimmerantiquar ist in der Branche kein Kompliment, trifft aber den Sachverhalt präzise.

2001 – Die Geschäfte lassen sich gut an; durch Vermittlung einer freundlichen Pankower Kollegin werden die ersten größeren Ankäufe abgewickelt. Die heimische Wohnung wird zu klein, Lagerraum dringend gesucht; Gedanken über ein Ladenantiquariat nehmen Gestalt an. Bedenken von wohlmeinenden Freunden und Kollegen: „Ein Antiquariat im Friedrichshain? Da liest doch keiner!“ werden in den Wind geschlagen.

2002 – Nach monatelangen Renovierungen öffnet in der Wühlischstraße in einem früheren Blumenladen das Antiquariat. Visitenkarten der frühen Jahre zeigen an: „Dienstag bis Freitag 16-19 Uhr, Montag geschlossen“. Nur wenige wissen, daß hinter den Kulissen mit unerschöpflichem  Elan ein Versandantiquariat betrieben wird.

2003 –Friedrichshain ist bei Tage eine ruhige Wohngegend. Ruhig fließen auch die Arbeitstage dahin. Der Internetbestand wächst. Gute Bücher verkaufen sich. Gelegentlich fährt ein Auto vorbei. Neugierige schauen in den Laden, fragen: „Sind Sie neu?“

2004 – Auf Wachstumskurs. Gemäß dem Grundsatz ‚viele Titel, viel Umsatz‘ wächst der Internetbestand unaufhaltsam.

2005 – Noch immer betritt wöchentlich mindestens ein Kunde den Laden mit den Worten: „Ich lauf hier täglich vorbei, aber den Laden hab ich nie gesehen. Sind Sie neu hier?“

2006 – Im September erreicht der Titelzahl im Internet ihren Höchststand: 20.000 Bücher auf der eigenen Webseite. Der Entschluß reift, die Zahl der Titel zu halbieren, zugleich die Qualität zu erhöhen. Im Lauf der nächsten zwei Jahre wird dieser Plan umgesetzt. Von der IHK erhalte ich die Erlaubnis auszubilden. Die erste und bislang einzige Azubi beginnt ihre Ausbildung (und beendet sie zwei Jahre später mit Erfolg).

2007 – Erste Teilnahme an der Antiquariatsmesse in Leipzig, blauäuig, optimistisch. Doch im wesentlichen erfolgreich.

2008 – Die Berliner Morgenpost wählt das Antiquariat Wagner unter die zehn besten Antiquariate Berlins. Die Auswahlkriterien der ‚Besten‘ bleiben im dunkeln, die Freude in der Wühlischstraße ist dennoch groß. In den Tagen nach Erscheinen bekomme ich gefühlt acht ‚alte Bibeln‘ und fünf ‚Lexikotheken‘ angeboten.

2009 – Die ruhigen Zeiten scheinen vorbei. Berlin-Reiseführer und mit ihnen die Touristen haben Friedrichshain längst zum ‚kultigen Szene-Kiez‘ erhoben. Tatsächlich gibt es kaum noch traditionelle Berliner Kneipen, dafür zahlreiche Clubs und Cocktail-Bars. Die Belebung der Gegend spiegelt sich auch im Antiquariatsumsatz positiv wider.

2010 – Der erste Printkatalog erscheint zur Leipziger Antiquariatsmesse: Signierte Bücher aus der Bibliothek Rolf Italiaander.

2011 – Friedrichshain wird international. Die im Laden am häufigsten gestellten Fragen lauten: „Do you have English books?“ und „Where is your English book section?“

2012 – Das 10-jährige Geschäftsjubiläum wird feierlich und im kleinen Kreis begangen. Ich erinnere mich, vor Zeiten auf einem Flohmarkt vor Jahren das Gespräch zweier älterer Sammler belauscht zu haben. Der eine sagte: „Wer ein Antiquariat aufbaut und zehn Jahre durchhält, hat bewiesen, daß er’s versteht. Der andere antwortete: „Aber er ist auch durch Krisen gegangen. Ohne das geht’s gar nicht.“ Die Worte sind nicht auf mich gemünzt gewesen (aber ich nicke still im nachhinein).

2013 – Katalog 2: Werkspuren. Silvia und Dieter Schlenstedt. Ich stelle wiederholt fest: Eine erfolgreiche Messeteilnahme gibt Schwung für ein ganzes Geschäftsjahr.

2014 – Für die Kunden bleibt der Laden immer gleich groß. Nur in der Branche weiß man: Eigentlich kommen mehr Bibliotheken auf den Markt, als die Händler verarbeiten können. Die Frage nach Lagerraum wird immer wichtiger. (Inzwischen beansprucht das Antiquariat weit mehr Lager- als Ladenraum.)

Im Interview mit einem Blogger ziehe ich ein vorläufiges Resume aus 20 Jahren Arbeit im Antiquariat. Nachzulesen unter http://landspunkte.blogspot.de/search?q=wagner.

2015 – Katalog 3: Hans Bunge. Erfolgreich. Aber über dem Friedrichhain ziehen Wolken auf: Das Gebäude in der Wühlischstraße wird weitgehend entmietet und saniert. Die Folgen: permanenter Lärm, undichte Leitungen, Wasserschäden, ein Winter ohne Heizung …

2016 – Im Zuge der Gentrifizierungsmaßnahmen werden uns innerhalb von zwei Monaten alle drei geschäftlichen Mietverträge – Ladengeschäft und zwei Lagerräume – gekündigt. Soviel Ende war nie.

2017 – Nach 15 Monaten Umstrukturierung: Immobiliensuche, Umzug, Abbruch und Neuaufbau wird das Geschäft in der Köpenicker Altstadt größer und schöner als zuvor wiedereröffnet. Soviel Anfang war nie.

2018 – Das Antiquariat in der Köpenicker Altstadt wird wohlwollend aufgenommen. Die Zeichen stehen auf Konsolidierung.